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19.07.2013, 11:01 Uhr
Swisscom gerät erneut ins Visier der Weko
Laut Weko gibt es Anhaltspunkte, dass Swisscom ihre Marktposition im Bereich Breitbandinternet für Geschäftskunden missbraucht. Sie eröffnete darum eine Untersuchung. Sunrise freuts, Swisscom zeigt sich irritiert.
Zu Beginn des Jahres 2009 schrieb die Post die Anbindung ihrer Postfilialen und Breitbandanschlüsse öffentlich aus. Den Zuschlag erhielt die Swisscom, der Auftrag hat einen Wert von 20,5 Millionen Franken. Jetzt untersucht die Wettbewerbskommission (Weko), ob die Swisscom dabei ihre Marktposition im Bereich Breitbandinternet für Geschäftskunden missbraucht hat.
Nebst Swisscom bewarben sich Sunrise und eine weitere Fernmeldedienstanbieterin (Cablecom? Colt?). Die Letztgenannten waren dabei auf Netze der Swisscom angewiesen, welche diese noch während PTT Zeiten aufgebaut hatte. Ob Swisscom für die Miete der Leitungen zu viel Geld verlangte, wird jetzt abgeklärt. Gemäss Weko bestünden Hinweise darauf, dass «Swisscom die Vorleistungspreise für Konkurrenten so hoch angesetzt hat, dass die anderen Fernmeldedienstanbieter nicht in der Lage waren, konkurrenzfähige Angebote zu machen».
5 Millionen zu viel
Konkreter wird Sunrise, die den Weko-Entscheid erfreut zur Kentniss genommen hat. «Bei den Kriterien 'Erfüllung der Ausschreibungsanforderungen' sowie 'Transparenz und Qualität des Angebots' wurde die Offerte von Sunrise (wesentlich) besser eingeschätzt als diejenige der Konkurrenz», heisst es in einer Stellungnahme. «Aufgrund des dritten/letzen Kriteriums (Preis) schlug die Post den Auftrag der Swisscom zu. Der Zuschlag erfolgte bei 20,5 Millionen Franken. Damit war das Angebot der Swisscom fast 5 Millionen Franken unter dem Grosshandelspreis, den Swisscom Sunrise zuvor für einen Teil der ausgeschrieben Leistungen offeriert hatte.» Mit einem Teil meint Sunrise 80 Prozent, die Eigenleistung hätte 20 Prozent betragen. Die Sunrise-Offerte lag also bei mindestens 25 Millionen Franken, dabei ist die Marge und die Eigenleistung aber noch nicht eingerechnet.
Gemäss Sunrise würde dieser Fall eindrücklich beweisen, dass Swisscom sich intern bessere Konditionen als den Grosshandelskunden gibt. Dies würde der geltenden Gesetzgebung zuwiderlaufen.
Wenig überraschend beurteilt Swisscom den Fall ganz anders: «Swisscom ist erstaunt über die Eröffnung einer Untersuchung. Der Wettbewerb im Telekom-Markt spielt, auch Mitbewerber können entsprechende Aufträge für Grossprojekte gewinnen.» Zudem hätte Sunrise der Post ein Angebot unterbreiten können,«bei welchem sie 65 Prozent (statt 20 Prozent) Eigenleistung hätte erbringen können.» Damit hätte Sunrise der Post eine kostendeckende Offerte unterbreiten können, sagt der Telco-Marktführer. Zudem macht Swisscom geltend, dass Sunrise ihre Bedürfnisse nicht frühzeitig offengelegt hat, so dass Swisscom Wholesale kein optimales Angebot unterbreiten konnte. «Dies hat ganz offensichtlich dazu geführt, dass Sunrise gegenüber der Post kein konkurrenzfähiges Angebot gemacht hat.» Insgesamt kommt Swisscom zu dem Schluss, dass die Vorwürfe von Sunrise deshalb haltlos sind.
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lange Vorbereitungszeit
Lange Vorbereitungszeit
Swisscom verteidigt sich nicht nur gegen die Sunrise-Vorwürfe, sondern moniert auch das Verhalten der Weko. Man habe den Auftrag bereits im Jahr 2008 erhalten und «mehrfach Stellung zu Fragen der Weko bezogen». Erst im Juli 2012 sei dann formell eine Vorabklärung eröffnet worden. In der Tat war der Fall seit einiger Zeit in den Medien, denn die Sunrise-Klage liegt vier Jahre zurück.
Die lange Einrollphase hat ihre Gründe, sagt Dr. Rafael Corazza, Direktor der Weko. «Da der Zuschlag für den Auftrag bereits erteilt wurde, eilte dieser Fall damals nicht.» Die Orange/Sunrise-Übernahme und der FTTH-Ausbau waren dringendere Probleme. «Zudem handelt es sich hier um eine Zahlenanalyse», sagt Corazza. «Es brauchte einiges an Aufwand, um so weit zu kommen. Zuerst mussten wir alle Zahlen der Swisscom erhalten.»
Die bisherigen Ergebnisse scheinen die Weko stutzig gemacht zu haben. Denn um eine Untersuchung zu eröffnen, braucht die Kommission begründeten Verdacht eines Marktmissbrauchs. Die Frage, die sich die Weko nun stellt lautet: «Hatten die Konkurrenten eine Chance, realistisch zu offerieren, bei den Preisen der Swisscom, die gleichzeitig Konkurrent und Lieferanten ist?»
Erst gestern hat die Weko in einer anderen Untersuchung zu Gunsten der Swisscom geurteilt.
Autor(in)
Fabian
Vogt
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